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Statistik der Unfallversicherung UVG

Quelle: "Die Volkswirtschaft" Das Magazin für Wirtschaftspolitik 6-2001, S. 52-56


Von der obligatorischen Unfallmeldung zur einheitlichen Unfallstatistik UVG

Das «Bundesgesetz betreffend die Ausdehnung der Haftpflicht» von 1887 verpflichtete die dem Fabrikgesetz unterstellten Betriebe, Unfälle den zuständigen Behörden zu melden. Rund 30 Jahre später wurde mit der Unfallstatistik der Suva der Grundstein für die heutige einheitliche Unfallstatistik gemäss UVG gelegt.
Die Statistik der obligatorischen Unfallversicherung bietet heute vielfältige Informationen zur Entwicklung der Unfallzahlen und -kosten sowie zum Berufs- und Freizeitunfallrisiko.


Erste gesetzliche Regulierungen der Fabrikarbeit

Bis in das letzte Drittel des 19. Jahrhunderts hatten Fabrikarbeiter die wirtschaftlichen Folgen von Unfall, Krankheit und Arbeitslosigkeit weitgehend selber zu tragen. Lediglich eine Minderheit profitierte von einigen auf Vereinsbasis organisierten Kranken- und Arbeitslosenkassen. Mindeststandards für die Fabrikarbeit (in den Bereichen Arbeitszeit, Kinder- und Frauenarbeit) existierten erst in wenigen Kantonen.

Berufsunfälle und –krankheiten traten jedoch - bedingt durch die fortschreitende Industrialisierung - immer häufiger auf und wurden für eine zunehmende Zahl von Familien zu einem existenziellen Problem. Fiel der Haupternährer aus, so drohte schnell die Armengenössigkeit, da kaum finanzielle Reserven vorhanden waren. Eine Unfallversicherung existierte nicht, und um eine Entschädigung zu erlangen, musste der verunfallte Arbeiter ein persönliches Verschulden des Unternehmers nachweisen, was sich meist als aussichtslos erwies.

Mit dem 1877 in Kraft getretenen Fabrikgesetz nahm der Bund erstmals Einfluss auf das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Neben Vorschriften zur Arbeitszeit, zur Kinder- und Frauenarbeit sowie zur Arbeitssicherheit wurde auch die Kausalhaftung der Unternehmer eingeführt. Die in zwei weiteren Haftpflichtgesetzen in den Jahren 1881 und 1887 präzisierte und auf zusätzliche Betriebe ausgeweitete Regelung war aber weder für die Fabrikarbeiter noch für die Betriebe befriedigend.

Konnten sich nach einem Unfall Arbeiter und Unternehmer nicht auf eine Entschädigung einigen, so blieb dem Arbeiter nur der Gang vor Gericht. Aus Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes unterblieb dieser Schritt zumeist. Kam es trotzdem zum Prozess, so befanden die Richter häufig auf ein «Selbstverschulden» oder zumindest eine «Mitschuld» des Geschädigten am Unfall. Ein solcher Richterspruch befreite den Unternehmer ganz oder teilweise von der Haftpflicht.

Auch aus der Sicht vieler, vor allem kleiner Betriebe war die Regelung unbefriedigend, ja gar existenzgefährdend. Ein kostspieliger Haftpflichtfall oder eine Häufung von Unfällen konnten einen Betrieb in den Ruin treiben.

Anfänge der Sozialversicherungsgesetzgebung

Diese verbreitete Unzufriedenheit mit der bestehenden Situation und die Vorbildwirkung der 1884 von Bismarck eingeführten Unfallversicherung im Deutschen Reich begünstigten 1890 die Aufnahme von Art. 34bis in die Bundesverfassung. Darin wurde der Bund beauftragt eine Kranken- und Unfallversicherung einzuführen. Rasch bereitete der Bundesrat die Ausführungsgesetzgebung vor, indem er eine Statistik der Unfälle erstellen liess. Als Grundlage dazu dienten die Unfallmeldungen der Betriebe, zu denen diese erstmals durch das 1887 eingeführte Haftpflichtgesetz verpflichtet worden waren.

Nachdem im Jahr 1900 eine erste Vorlage (die sog. «Lex Forrer») an der Referendumshürde gescheitert war, wurde 1912 das Kranken- und Unfallversicherungsgesetz (KVUG) vom Volk angenommen. Das KUVG beschränkte das Unfallversicherungsobligatorium auf Arbeitnehmer von Betrieben, die dem Fabrikgesetz unterstellt waren, also primär auf Betriebe des Produktionssektors mit speziell hohem Unfallrisiko. Die neue Unfallversicherung sollte bei Eintritt eines Unfalls die Heilbehandlungs- und eventuelle Taggeldkosten decken. Im Invaliditäts- oder Todesfall hatte sie für Rentenleistungen aufzukommen.

Als Organisationsform für die Unfallversicherung sah der Gesetzgeber ein von den Versicherten (Arbeitgeber und Arbeitnehmer) selbst verwaltetes öffentlich-rechtliches Unternehmen, die neu zu gründende Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva), vor. Bereits im Herbst 1912 wurde der erste Verwaltungsrat der Suva gewählt, Anfang 1913 die erste Direktion. Die Aufnahme des Betriebes verzögerte sich dann allerdings noch bis 1918.

Die Unfallstatistik der Suva

Das KUVG verpflichtete die Suva, die Betriebe «entsprechend ihrer Unfallgefahr nach Gefahrenklassen» einzureihen und die Prämientarife «auf Grund der Erfahrungen» festzusetzen. Damit war – ohne explitzite Erwähnung im Gesetz - die eigentliche Unfallstatistik begründet.

Für interessierte Kreise wurden die wichtigsten Zahlen aus der Unfallstatistik in der Folge alle fünf Jahre in einem Bericht veröffentlicht. Bis zum Ende der KUVG-Ära (1983) wurden vierzehn Fünfjahreberichte publiziert 1). Diese Serie ermöglicht es, den Einfluss administrativer Änderungen und gesellschaftlicher Tendenzen auf die Unfallversicherung zu verfolgen. Da die Grundlagen der Statistik während der gesamten Ära des KUVG im Wesentlichen unverändert geblieben sind, handelt es sich bei der Unfallstatistik der Suva um eine der am weitesten zurückreichenden Wirtschafts- bzw. Sozialstatistiken der Schweiz.

Die Unfallstatistik gemäss UVG

Mit der Einführung des Unfallversicherungsgesetzes (UVG) im Jahre 1984 wurden sämtliche Arbeitnehmer dem Unfallversicherungsobligatorium unterstellt. Gleichzeitig wurde der Markt der obligatorischen Unfallversicherung den Privatversicherungen teilweise geöffnet. Die Suva behielt das Monopol bei Betrieben, die bereits nach dem KUVG bei ihr versichert waren, dazu kamen noch Teile der öffentlichen Verwaltungen sowie Arbeitnehmer von Temporärfirmen, privaten Forstbetrieben und Lehr- und Invalidenwerkstätten, die bisher nicht bei der Suva versichert gewesen waren. Alle anderen Betriebe mussten sich fortan bei anderen Versicherern gegen Unfall gemäss UVG versichern.

In Artikel 79,1 UVG wird der Bundesrat aufgefordert, «für die Führung von einheitlichen Statistiken, die insbesondere der Beschaffung versicherungstechnischer Grundlagen, der Prämienbemessung und der Verhütung von Unfällen und Berufskrankheiten dienen», zu sorgen. Damit war erstmals eine explizite gesetzliche Grundlage für die Führung einer Unfallstatistik geschaffen worden. Erwähnenswert ist dabei, dass der Gesetzgeber die Unfallstatistik nicht nur als Instrument zur Gewährleistung des Versicherungsbetriebes betrachtete, sondern Wert darauf legte, dass die Unfallstatistik auch der Unfallprophylaxe dienen soll.

Einheitliche Statistiken

Gemäss Artikel 1 der «Verordnung über die Statistiken der Unfallversicherung» (VSUV) haben sich die Versicherer an den folgenden einheitlichen Statistiken zu beteiligen:

a)

der Statistik über die Zahl der Unfälle und Berufskrankheiten;

b)

den Statistiken zur Beschaffung versicherungstechnischer Grundlagen;

c)

den Statistiken über die Versicherungsleistungen sowie über die versicherten Lohnsummen, die als Grundlage für die jährliche Risikostatistik dienen;

d)

den Spezialstatistiken, namentlich jene über die Verhütung von Unfällen und Berufskrankheiten, die Heil- und Pflegekostenstruktur, die auf den Leistungen vorgenommenen Abzüge und Kürzungen sowie über die Renten;

e)

der Lohn- und Arbeitszeitstatistik der verunfallten Arbeitnehmer.



Die für die Führung der einheitlichen Unfallstatistik zuständigen Organe sind die Kommission für die Statistik der Unfallversicherung (KSUV), die Sammelstelle für die Statistik der Unfallversicherung (SSUV) sowie die Versicherer. Die KSUV ist aus Vertretern aller Versicherer zusammengesetzt. Sie überwacht die Tätigkeit der SSUV in fachlicher Hinsicht und sorgt für die Koordination mit anderen Statistiken. Die Aufsicht über die KSUV obliegt dem Bundesamt für Sozialversicherung (BSV). Die SSUV ist in administrativer Hinsicht der Suva angegliedert, fachlich hingegen steht sie – wie bereits erwähnt - unter der Führung der KSUV.

1984 beschloss die KSUV, die zum Teil auf das Jahr 1918 zurückgehende Unfall- und Berufskrankheitenstatistik der Suva im Wesentlichen zu übernehmen und - mit wenigen Anpassungen - auf das UVG-Obligatorium auszudehnen. Im Herbst 1988 konnte die KSUV erstmals eine (in der Folge jährlich erscheinende) Unfallstatistik UVG veröffentlichen. 1994 erfolgte die Publikation des ersten Fünfjahreberichts der Unfallstatistik UVG (für die Jahre 1988 – 1992). Der jüngste Fünfjahrebericht erschien 1999.

Das UVG verpflichtet sowohl den versicherten Arbeitnehmer als auch den Arbeitgeber zur Unfallmeldung. Diese Unfallmeldungen sind die wichtigste Datenquelle für die Unfallstatistik. Weitere Grundlagen bilden die bei der Unfallbearbeitung anfallenden Informationen (Polizei- und Arztberichte, Heilkostenrechnungen sowie die von den Versicherern erbrachten Leistungen).

Die bei der SSUV für die einheitliche Unfallstatistik gesammelten Daten erscheinen nicht nur in den Publikationen der KSUV, sondern finden direkt oder indirekt auch Eingang in Veröffentlichungen weiterer Statistikproduzenten. So basieren der Lohnindex und die Statistik der betriebsüblichen Arbeitszeit des Bundesamts für Statistik (BFS) ebenfalls auf den Unfallmeldungen. Weitere wichtige Nutzer der einheitlichen Unfallstatistik sind die Eidgenössische Koordinationskommission für Arbeitssicherheit (EKAS), die Medizinaltarifkommission (MTK) und die Beratungsstelle für Unfallverhütung (bfu).

Schlüsselzahlen

 

 

1998

1999

2000

Zahl der Versicherer

 

41

41

42

Versicherte Betriebe

 

374 572

376 769

 

Vollbeschäftigte

in Tausend

3 233

3 337

 

Summe der prämienpflichtigen
Verdienste

in Mrd. CHF

182,2

189,0

 

Arbeitslosentaggelder

in Mrd. CHF

4,1

3,1

 

Nettoprämien

in Mio. CHF

3 740,9

3 780,4

 

Registrierte Fälle Total

 

710 633

717 826

721 873

   Neu registrierte Berufsunfälle

 

270 767

274 973

273 711

   Neu registrierte Nichtberufsunfälle

 

420 576

427 860

437 850

   Neu registrierte von
   stellensuchenden Personen

 

19 290

14 993

10 312

Festgesetzte Invalidenrenten

 

3 390

2 923

 

Anerkannte Todesfälle

 

734

604

 

Integritätsentschädigungen und
   übrige Kapitalzahlungen

 

3 206

2 725

 

Laufende Kosten der Fälle Total

in Mio. CHF

3 416,2

3 690,3

 

   Heilkosten

in Mio. CHF

942,1

1 006,0

 

   Taggeld

in Mio. CHF

1 226,1

1 270,5

 

   Deckungskapital von Invaliden-
   und Hinterlassenenrenten

in Mio. CHF

1 135,4

1 316,6

 

   Übrige Kosten

in Mio. CHF

112,6

97,3

 



Versicherte Betriebe und Prämien

Wie erwähnt hatten ursprünglich nur die dem Fabrikgesetz unterstellten Betriebe ihre Arbeitnehmer obligatorisch bei der Suva gegen Berufs- und Nichtberufsunfall zu versichern. Um 1930 waren das nur rund 20 Prozent aller Betriebe. Dieser Anteil stieg bis zum Ende der KUVG-Ära auf knapp 30 Prozent an, nicht zuletzt aufgrund der Unterstellung weiterer Branchen unter das Versicherungsobligatorium in den Jahren 1936, 1953 und 1966. Seit der Einführung des UVG unterstehen alle Betriebe mit Arbeitnehmern dem Unfallversicherungsobligatorium.

Die Prämien der Berufsunfallversicherung, die von den Betrieben getragen werden müssen, betrugen 1999 netto rund 1,4 Milliarden Franken 2). Dies ergibt einen durchschnittlichen Prämiensatz von 0,74 Prozent der prämienpflichtigen Lohnsumme 3). Die Nettoprämien der Freizeitunfallversicherung, die die Betriebe den Arbeitnehmern belasten können, beliefen sich rund 2,3 Milliarden Franken, was einem Prämiensatz von 1,24 Prozent entspricht 4).

Versicherte Personen

Die obligatorische Unfallversicherung ist eine Kollektivversicherung. Versicherungsnehmer sind die Betriebe. Diese melden einmal jährlich ihre prämienpflichtige Lohnsumme, um die Ermittlung der Prämien zu ermöglichen. Die Zahl der versicherten Personen ist nicht genau bekannt, sondern muss geschätzt werden. Dabei wird die prämienpflichtige Lohnsumme eines bestimmten Kollektivs durch den durchschnittlichen Lohn der Verunfallten im gleichen Kollektiv dividiert. Diese Methode ist mit einem systematischen Schätzfehler behaftet: Die Division der prämienpflichtigen Lohnsumme durch den durchschnittlichen Lohn aller Versicherten ergäbe exakt die Zahl der Versicherten; die Versicherer kennen jedoch lediglich die Löhne derjenigen Versicherten, für die infolge eines Unfalls Taggeld ausbezahlt oder eine Rente festgesetzt werden muss. Und diese Löhne sind im Durchschnitt niedriger als die Löhne aller Versicherten, weil jüngere Arbeitnehmer sowohl mehr Unfälle erleiden als auch niedrigere Löhne beziehen als ältere Arbeitnehmer. Dies führt zu einer Überschätzung der Zahl der Vollbeschäftigten. Durch die Überschätzung der Anzahl der Vollbeschäftigten wird das Unfallrisiko (Anzahl Unfälle pro 1'000 Vollbeschäftigte) unterschätzt. Da dieser Schätzfehler von Jahr zu Jahr relativ konstant bleibt, wird die Entwicklung des Unfallrisikos im Wesentlichen doch korrekt wiedergegeben. Beim Vergleich der geschätzten Zahl der Vollbeschäftigten mit Zahlen anderer Arbeitsmarktstatistiken muss der Verzerrung hingegen Rechnung getragen werden.

Zahl der Unfälle

Zur Zeit der Einführung des KUVG dominierten die Berufsunfälle mit vier Berufsunfällen auf einen Freizeitunfall. Auch nach dem zweiten Weltkrieg und bis in die Mitte der 60er Jahre ereigneten sich noch rund doppelt so viele Berufs- wie Freizeitunfälle (vgl. Grafik 1). Seit 1965 ist nun jedoch eine anhaltender Trend hin zu den Freizeitunfällen zu beobachten. Im Suva-Kollektiv hat sich das Verhältnis Mitte der 80er Jahre ausgeglichen und ist in der Folge zugunsten der Freizeitunfälle gekippt. Die im Jahr 2000 von allen UVG Versicherern registrierten 711'561 Unfälle 5) verteilen sich im Verhältnis 1:1,6 auf Berufs- und Freizeitunfälle.



Dass die Berufsunfälle im Kollektiv der Suva ein verhältnismässig grösseres Gewicht haben als bei den übrigen Versicherern, liegt daran, dass das Berufsunfallrisiko in den von der Suva versicherten Branchen wesentlich höher liegt als in den anderen Branchen.

Für die Verschiebung der Gewichte in Richtung der Freizeitunfälle gibt es eine ganze Reihe von Gründen: Der Strukturwandel hin zur Dienstleistungsgesellschaft, die zunehmende Automatisierung der Arbeitsabläufe und verstärkte Bemühungen im Bereich der Arbeitssicherheit haben dazu beigetragen, das Berufsunfallrisiko zu senken. Im Gegenzug haben die vermehrte Freizeit, zunehmend risikoreichere Freizeittätigkeiten und die demographische Entwicklung (die geburtenstarken Jahrgänge der 50er und 60er Jahre waren in den 80er und zu Beginn der 90er Jahre im besonders «unfallträchtigen» Alter 6) zu einer Zunahme der Freizeitunfälle geführt.

Risikofaktoren Alter und Beruf

Parallel zur höheren absoluten Zahl der Freizeitunfälle liegt heute natürlich auch das Freizeitunfallrisiko (Anzahl Freizeitunfälle je 1'000 Vollbeschäftigte) höher als das Berufsunfallrisiko. Während 1999 auf 1'000 Vollbeschäftigte 128 Freizeitunfälle registriert wurden, waren es bei den Berufsunfällen nur 82. Jüngere Arbeitnehmer bis rund 40 Jahre verunfallen wesentlich häufiger als ihre älteren Kollegen, und zwar nicht nur in der Freizeit, sondern auch im Beruf.



Noch enger als mit dem Alter korreliert das Berufsunfallrisiko mit dem ausgeübten Beruf. Dies kann indirekt, über den Wirtschaftszweig des Arbeitgebers, gezeigt werden (vgl. Grafik 2): Das Risiko, Opfer eines Berufsunfalls zu werden, ist für Arbeitnehmer im Baugewerbe, der Landwirtschaft und in Holzverarbeitungsbetrieben rund zwanzig Mal höher als für Bank- oder Versicherungsangestellte.

Kosten der Unfälle

Im Rechnungsjahr 1999 haben die UVG-Versicherer für laufende Fälle insgesamt rund 3,7 Milliarden Franken aufgewendet. Dieser Betrag setzt sich aus Taggeldern (34,4 Prozent), Heilkosten (27,3 Prozent), Deckungskapital zur Finanzierung von Renten (35,7 Prozent) und Integritätsentschädigungen (einmalige Kapitalzahlungen für bleibende körperliche oder geistige Versehrtheit; 2,6 Prozent) zusammen.

Im Gegensatz zur Zahl der registrierten Fälle, welche quartalsweise publiziert werden kann, sind die Kosten eines Registrierungsjahrganges auch nach Jahrzehnten noch nicht definitiv bekannt. Renten werden erst nach Abschluss der medizinischen Rehabilitation, im Durchschnitt rund vier Jahre nach dem Unfall festgesetzt. Schwere Formen von Berufskrankheiten können über mehrere Jahrzente Heilkosten verursachen und im Todesfall zu Hinterlassenenrenten führen. So verursachten die Fälle, die von der Suva vor 1984 registriert worden sind, im Jahr 1999 noch über 120 Millionen Franken an Kosten. Die ältesten Fälle der übrigen Versicherer stammen dagegen aus dem Jahr 1984, dem Jahr der Einführung des UVG.



Grafik 3 zeigt die Latenz des Kostenanfalls am Beispiel des Registrierungsjahrganges 1990. Von den bis Ende 1999 insgesamt bekannt gewordenen Kosten waren im Registrierungsjahr selbst erst rund 40 Prozent angefallen. Aus der Grafik ist auch ersichtlich, dass ab dem zweiten Jahr nach der Registrierung bereits die Rentenkosten dominieren.

Solidarität in der Unfallversicherung

Die Unfallversicherung gemäss KUVG wurde als Teil des schweizerischen Sozialversicherungssystems konzipiert und hat diesen Status auch unter dem UVG beibehalten. Sie ermöglicht den von Unfall oder Berufskrankheit betroffenen Arbeitnehmern eine zweckmässige Heilbehandlung, stellt durch Taggelder die Lohnfortzahlung sicher und richtet im Invaliditätsfall eine Rente aus. Verunglückt ein Versicherter tödlich, stehen seinen Hinterbliebenen Witwen- und Waisenrenten zu.

Auch den Betrieben werden durch die Unfallversicherung nach wie vor erhebliche Risiken abgenommen. Aufgrund der Zufälligkeit, die dem Unfallgeschehen trotz aller Prophylaxebemühungen stets innewohnt, kann es insbesondere bei kleineren Betrieben zu Schadensummen kommen, welche deren Fortbestand in Frage stellen würden. Jahr für Jahr finden sich rund 500 Betriebe 7), in welchen die durch den UVG-Versicherer zu tragende Schadensumme allein der Berufsunfälle die gesamte prämienpflichtige Lohnsumme übersteigt.

Alois Fässler
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Suva, Bereich Statistik




1)

Der letzte (14.) Fünfjahrebericht, der ausschliesslich Resultate der Suva-Unfallstatistik ausweist, ist 1990 erschienen und deckt die Periode von 1983 bis 1987 ab. >>zurück

2)

Die Bruttoprämie setzt sich zusammen aus der Nettoprämie und je einem Zuschlag für Verwaltungskosten und Unfallverhütung. >>zurück

3)

Für die Unfallversicherung gilt ein Höchstbetrag des versicherten Verdienstes; dieser beläuft sich seit dem 1. Januar 2000 auf 106'800 Franken. Er ist so festgelegt, dass zwischen 92 und 96 Prozent der obligatorisch versicherten Arbeitnehmer zu ihrem vollen Verdienst versichert sind. Diese Begrenzung gilt sowohl für die Berechnung der Geldleistungen der Versicherer als auch zur Bestimmung der prämienpflichtigen Lohnsumme. >>zurück

4)

Dazu kommen noch rund 86 Millionen Franken an Prämien aus der Unfallversicherung für arbeitslose Personen (UVAL). Seit dem 1. 1. 1996 sind alle Arbeitslosen, welche die Anspruchsvoraussetzungen nach Art. 8 AVIG oder Entschädigungen nach Art. 29 AVIG beziehen, obligatorisch bei der Suva gegen Unfall versichert. >>zurück

5)

Ohne UVAL. >>zurück

6)

Folgerichtig macht sich in den 90er Jahren nun der Pillenknick bemerkbar: Im Jahr 2000 wurden 23,6 Prozent weniger Freizeitunfälle von den bis 30-Jährigen registriert als im Jahr 1990; in der gleichen Periode reduzierte sich die Anzahl der Berufsunfälle in dieser Altersgruppe gar um 39,7 Prozent. >>zurück

7)

Davon weisen rund 100 Betriebe eine prämienpflichtige Lohnsumme von mehr als 100'000 Franken auf. >>zurück

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Letzte Aktualisierung: 15.06.2005