Die Unfallstatistik UVG 2004 ist erschienen
Rezession verteuert die Unfallkosten
In den vergangenen zwei Jahren sind die Unfallkosten massiv angestiegen.
Die Prämieneinnahmen hingegen haben sich nur leicht erhöht.
Ein erheblicher Anteil der Kostensteigerung geht auf die rezessionsbedingt
erschwerte Wiedereingliederung schwer Verunfallter zurück.
Die Zahl der Berufsunfälle und Berufskrankheiten ist zwischen 1985 und
2002 um 33 Prozent auf 73 Fälle je 1000 Beschäftigte gesunken (Grafik 1).
Das Unfallrisiko in der Freizeit hat sich im gleichen Zeitraum dagegen nur
um 5 Prozent auf 125 Fälle je 1000 Beschäftigte vermindert und steigt in
jüngster Zeit wieder an. Dies zeigt die neuste Statistik der Schweizer Unfallversicherer.
Im Gegensatz zum Unfallrisiko sind die Kosten in der gleichen Zeitspanne stark gestiegen.
Sie haben zwischen 1985 und 2002 von 16,3 auf 19,2 Franken je 1000 Franken versicherte
Lohnsumme zugenommen und betrugen 2003 insgesamt 4,16 Milliarden Franken. Allein in den
Rezessionsjahren 2000 bis 2002 stiegen die Unfallkosten um 16 Prozent.
Die Nettoprämien haben mit der Kostenentwicklung nicht mitgehalten. Im Gegenteil: Die
durchschnittlichen Nettoprämiensätze sind sowohl in der Berufs- wie in der Nichtberufsunfallversicherung
seit den letzten Erhöhungen Mitte der 90er-Jahre um 7,5 Prozent zurückgegangen. Dieser Rückgang geht
primär auf den Strukturwandel in der Wirtschaft zurück. Der Anteil der im zweiten Sektor
beschäftigten Versicherten mit hohen Prämiensätzen (z.B. Bau, Industrie) hat von 1995 bis 2002 um
4 auf 31 Prozent abgenommen. Die durchschnittlichen Nettoprämien machten 2002 in der
Berufsunfallversicherung noch gut 0,7 Prozent der versicherten Lohnsumme aus,
in der Nichtberufsunfallversicherung waren es 1,2 Prozent.
Am stärksten haben bei den Unfallversicherungen die Invalidenrenten zur jüngsten
Kostensteigerung beigetragen. Deren Anteil an den Gesamtkosten hat von 2000 bis 2002
um 2 auf 28 Prozent zugenommen. Die Kosten für Invalidenrenten sind seit 1985 weit
stärker angestiegen als die versicherte Lohnsumme (Grafik 2). Berücksichtigt man,
dass wegen der Einführung neuer Berechnungsgrundlagen im Jahre 1999 erhöhte Kosten
ausgewiesen sind, zeigt die Kostenentwicklung, dass die Ausgaben für Invalidenrenten
immer dann dramatisch zunehmen, wenn die Lohnsumme aufgrund einer rezessiven
Wirtschaftslage stagniert. Das war in den frühen 90er-Jahren und dann wieder ab
dem Jahre 2000 der Fall.
Eine schlechte Wirtschaftslage und der zunehmende Wettbewerb senken ganz offensichtlich
die Bereitschaft der Arbeitgeber, Verunfallte mit einer Teilbehinderung weiterzubeschäftigen
oder neu anzustellen. Und Nischenarbeitsplätze werden infolge von Rationalisierungsmassnahmen selten.
Da der Rente in der Regel eine längere Phase der Arbeitsunfähigkeit voraus geht, führen
Rezessionen auch zu erhöhten Taggeld- und Heilkosten.
Neben den traditionellen Themen der Prävention und der medizinischen Rehabilitation nimmt deshalb
auch in der Unfallversicherung die Wiedereingliederung schwer Verunfallter einen immer höheren
Stellenwert ein. Gerade in Rezessionsphasen wird deutlich, dass oft erst die Kombination einer
Unfallverletzung mit bereits bestehenden gesundheitlichen, sozialen oder wirtschaftlichen Problemen
zu einem atypischen Verlauf mit übermässig hohen Kosten führt. Um dies zu vermeiden, müssen solche
Fälle frühzeitig erkannt und geeignete Massnahmen zur beruflichen und sozialen Wiedereingliederung
getroffen werden.
Ähnlich wie bei der Berufsausbildung stellt sich auch im Unfallversicherungsbereich mehr und mehr
die Frage, ob die Eigeninitiative der Unternehmer genügt oder ob der Staat Anreize für die
Wiedereingliederung Behinderter schaffen soll.
3,5 Millionen Vollbeschäftigte, 210 Milliarden Franken Lohn
Gemäss Statistik der 40 Schweizer Unfallversicherer waren im Jahr 2002 3,5 Millionen
Vollbeschäftigte mit einer Lohnsumme von 210 Milliarden Franken obligatorisch gegen Unfälle
und Berufskrankheiten versichert. Im Vergleich zum Vorjahr sank die Zahl der Versicherten
um 0,7 Prozent, während die Lohnsumme um 1,9 Prozent zunahm. Die Nettoprämien nahmen um 0,2 Prozent
auf 4,09 Milliarden Franken ab, während sich die Zahl der neu registrierten Fälle um gut 1 Prozent
auf 736'000 erhöhte. Die Kosten für Unfälle nahmen um 8,8 Prozent auf 4,16 Milliarden Franken zu.
Die Zahl der neu registrierten Fälle von Stellen su-chenden Personen nahm um 41 Prozent zu,
die versicherten Arbeitslosentaggelder um 55 Prozent.